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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 435

Weidmesser, kantonale Ordonnanz 1804, Unteroffizier, Scharfschützen, Waadt.

Messinggefäss, Griffrahmen mit massiver Basis, vierkantige Parierstange mit breiter werdenden, etwas ort- und knaufwärts gebogenen Armen, die zugespitzt in einem Grat enden.. Griff mit Hornplatten belegt, dreifach vernietet mit Messingbuckeln, ovale Unterlagsscheibe.
Rückenklinge (Länge 51,1 cm, Breite 3,8 cm), volle Wurzel, runder Rücken, breiter Hohlschliff, im Ortbereich zweischneidig, gebläut, vergoldeter Ätzdekor: Trophäen und Ranken.

Gesamtlänge: 63,8 cm Gewicht: 600g
Provenienz: Kohler, Nyon (Kt.Waadt) 1954.

Kommentar

Gemäss Art.56 des Gesetzes über die Organisation der Milizen des Kt.Waadt vom 10.Juni 1803 war für die acht je hundert Mann starken, Kompanien der «chasseur-carabiniers» (Scharfschützen) als Bewaffnung Stutzer und Säbel vorgesehen. Am 28.September 1803 unterbreitete der kantonale Milizinspektor Muret der Regierung den Vorschlag den Säbel durch ein Weidmesser zu ersetzen, wie es bereits im Besitze älterer Scharfschützen sei. Im Gesetz vom 3.Februar 1804 wurde diese Eingabe berücksichtigt. Im August 1804 ging das Departement des Innern mit dem Händler Lacombe aus Lausannne einen Vertrag über die Lieferung von Ausrüstungsgegenständen für die Scharfschützen ein. Es handelte sich um 400 Weidmesser zu 6 Franken 10 Batzen, Weidmessergehänge zu 3 Franken 10 Batzen sowie 400 Weidsäcke zu 9 Franken. Vor Vertragsabschluss waren Modelle angefertigt, begutachtet und angenommen worden. Die mit Hornplatten belegten Weidmessergefässe mit ihren charakteristischen Parierstangenarmen entsprachen den Waffen, welche die drei waadtländischen Scharfschützenkompanien ( Aigle gegründet 1751, Yverdon 1783, Nyon 1794) zu Ende des Ancien Régime führten. Nach 1804 werden die aus Solingen bezogenen Weidmesser jedoch nicht mehr wie im 18.Jahrhundert mit vollen Rückenklingen, sondern hohlgeschliffenen Rückenklingen ausgestattet. Bewaffnung, Ausrüstung und Uniform erwarben die Waadtländer Scharfschützen auf eigene Kosten. Die Weidmesserklingen der Unteroffiziere weisen zuweilen einen vergoldeten Ätzdekor auf gebläutem Grund auf. Nach der Einführung des neuen kantonalen Weidmessermodells von 1839, vor allem aber nach der Annahme des eidgenössischen Weidmessermodells von 1842 verschwanden die Weidmesser kant.Ord.1804 nach und nach bei den waadtländischen Scharfschützeneinheiten. Das Weidmesser kant.Ord.1804 löste bei der Gendarmerie um 1809 den seit 1803 abgegebenen Infanteriesäbel, das französische Modell An IX, das sogenannte «briquet», ab und wird in dieser Form noch heute zur Paradeuniform der Waadtländer Kantonspolizei getragen.
Literatur: Frédéric Amiguet, Les Milices Vaudoises, Lausanne 1914, S.281-288. Schneider/Meier, Griffwaffen op.cit., S.123, Waffen falsch datiert. Ernest Léderrey, La Gendarmerie Vaudoise de 1803 à 1953, Lausanne 1953, S.21, 39, 43-46, mit Waffentafel. Jürg A.Meier, Zeitgenössisches Aquarell eines Scharfschützen-Wachtmeisters, kantonale Ordonnanz 1820/28, Waadt, in: Der «Tanzbödeler» Magazin für Uniformenkunde und Militärgeschichte, 25. Jg. 2008, S.22-34 - Angaben aus dem Staatsarchiv des Kt. Waadt. Jürg A. Meier, Zeitgenössisches Aquarell eines Scharfschützen-Wachtmeisters, kantonale Ordonnanz 1820/28, Waadt, in: Der «Tanzbödler», Magazin für Uniformenkunde und Militärgeschichte, Nr. 89, 25.Jg. 2008, S.29-33, « Das Weidmesser nach kantonaler Ordonnanz 1804, Waadt».