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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 643

Degen, schweizerisch, kantonale Ordonnanz 1770/78, Offizier, Infanterie, Zürich, Gefäss in Silber.

Silbergefäss, aus gegossenen und ziselierten Teilen zusammengesetzt, Kugelknauf, Vernietknauf. Der Griffbügel mündet in die Griffbasis, Parierstangenarme mit ort- und knaufwärts gerichteten, knospenartig verdickten Enden, zwei Ziergriffhaken. Ovales, breit gebörteltes Stichblatt, das sich unter dem Griffbügel teilt und in Lappenfortsätze übergeht, Rocaillendekor. Der Knauf, das Griffbügelmittelstück, die Griffbasis sowie ein Teil der Stichblattborten weisen einen Rillen- und Bänderdekor « en torsade» auf. Griff mit Silberdrahtwicklung, zwei Zwingen.
Zweischneidige Klinge (Länge 74,6 cm, Breite 2,8 cm), linsenförmig, Ätzdekor: die Zahl «1506» in Kartuschen, kleine Trophäen, Ornamente, rennender Fuchs oder Wolf
Schlagband, schweizerisch um 1875, Offizier: Silberband mit zwei roten Streifen an den Rändern, auf rotes Maroquinleder genäht. Quaste Silber, Boden rot, Hals Silber mit rot gezacktem Muster.

Gesamtlänge: 91 cm Gewicht: 560 g
Provenienz: Peter Brand, Luzern, 19.1.1969.

Kommentar

Ein Zürcher Mandat von 1739 verbot u.a. silberne Degengefässe. Dieser Bestimmung wurde anscheinend nicht konsequent Nachachtung verschafft. Die Militärordonnanz von 1770/78 verordnete den Offiziere der zürcherischen Infanterie «silberne, oder wenigstens gut versilberte Degen» mit Schlagbändern «von Silber und blauer Seide meliert...». Auch für den Generaladjutanten der Infanterie war ein « Degen von Silber mit schwedischem Gefäss, und die Quaste von Silber ohne Melange» vorgesehen. Im Unterschied zur Infanterie waren die Degengefässe der Artillerieoffiziere aus vergoldetem Messing. Gefäss und Klinge der vorliegenden Waffe entsprechen den bekannten schon um 1770 im Kanton Zürich eingeführten Offiziersdegen, die zumeist mit einer wappengeschmückten Klinge ausgestattet sind. Gegen eine Herstellung des Degens in Zürich spricht das Fehlen entsprechender Stempelungen auf dem silbernen Gefäss. Der Stempelungszwang galt für Stücke von einem bestimmten Mindestgewicht. Dieses wurde 1714 gemäss dem Handwerksbuch der zürcherischen Goldschmiede auf 2 Lot (ca. 29 g) festgesetzt, nach 1779 mussten unabhängig vom Gewicht alle Gold- und Silberarbeiten, welche die Zeichen tragen konnten gestempelt werden. Bei dem ungemarkten Degen könnte es sich daher um eine importierte Arbeit handeln. Es scheint, dass in der 2.Hälfte des 18.Jahrhunderts vor allem in Deutschland ungemarkte, silberne Degengefässe hergestellt wurden. Abgesehen von den grossen Silberproduktionszentren mit institutionalisierten Kontrollen wie z.B. Augsburg wurden in Deutschland Degengefässe, auch Schusswaffengarnituren aus Edelmetall, wie die erhaltenen Beispiele zeigen nur in seltenen Fällen geprüft und gemarkt.
Literatur Bieri/Meier, Schweizer Griffwaffen op.cit., S.19, Nr.34. Militar-Ordonanz für die Landmiliz des Canton Zürich» von 1770/78, S.86, 97, 100. Hugo Schneider, Die zürcherischen Griffwaffen des 18.Jahrhunderts, Zürcher Chronik Nr.16, Zürich 1947, S.6, Abb.6./7, S.8. Hugo Schneider, Schweizer Griffwaffen des 18. und 19.Jahrhunderts, Bern 1968, Kat.Nr.5 mit Abb. V.Normann, Rapier & Small-Sword op.cit., S.212-217, Hilt 113. Jürg A.Meier, Zürcher Gold- und Waffenschmiede, in: Eva Maria Lösel, Zürcher Goldschmiedekunst, Zürich 1983, S.34-35, S.110.