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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 673

Schalenrapier (Glockendegen), spanisch oder deutsch, letztes Viertel 17.Jahrhundert. Klinge signiert von Jakob Brach, Solingen, datiert 1662.

Eisengefäss, gequetschter, kugeliger Knauf mit Halsansatz und hohem Vernietknauf, der offene Griffbügel mündet in die lange Parierstange, beide aus schmalen Rundeisen, beide weisen kleine Kugelabschlüsse auf. Die grossen Griffringe enden in einer scheibenartigen Basis, spanisch als «guardapolvo» bezeichent, die im Stichblattinnern zweifach verschraubt wurde. Die Oberkante des halbkugelförmigen, glockenartigen Stichblattes ist gelappt. Die Aussenseite der Glocke wird durch radial angelegte schmale Bänder mit Punktdurchbrechungen in zehn Segmente unterteilt. Die Glockenfläche schmückt ein geschnittener einfacher, ornamentaler Blätter- und Rankendekor. Griff mit Eisendrahtwicklung, geflochtene Abschlüsse, sog.Türkenbünde.
Zweischneidige, schmale Klinge (Länge ohne Fehlschärfe, 94,1 cm, Breite 2 cm), Fehlschärfe, im Ansatzbereich Mittelhohlschliff, dann sechskantiger Querschnitt mit feiner Mittelbahn, geschlagene Signatur, «IACOP BRACH ANNO 1662 / ..PACCE IN((R))I E NOLITE PECCARE».

Gesamtlänge: 111,5 cm Gewicht: 770 g
Provenienz: Bruno Stutz, Liestal (Kt.Baselland), 3.2.1968.

Kommentar

Im Musée de la Porte de Hal, in Bruxelles befand sich 1902 ein Rapier dessen Klinge eine ähnliche Signatur und Beschriftung aufweist: Iacob Brach ihn Solingen / Irascimini et nolite peccare». In einem älteren Katalog der Sammlung von 1885 schreibt der Verfasser Van Vinkeroy bezüglich dieser Waffe, dass der in Solingen tätige Jakob Brach Degen von gleicher Art wie Toledo produzierte und dass er deren Herstellung in Spanien studiert habe. Ein weiteres Familienmitglied der Klingenschmiedendynastie Brach zeichnete die Klinge eines Schalenrapiers mit « Arnold Brach Anno 1667 / Irascimini e nolite peccare» in vergleichbarer Art und Weise. Das lateinische Zitat stammt aus dem alten Testament, Buch der Psalmen IV, 5 : « Zittert und sündigt nicht!». Der nicht berücksichtigte Schluss von Vers fünf lautet - « Denkt ruhig nach auf eurem Lager und schweigt!». Nicht nur das Psalmenzitat, auch die Schlagmarke der Brach nimmt Bezug auf den alttestamentarischen Herrscher und zeigt entweder den knieenden oder den thronenden König David. Auch die Klingenbeschriftung der vorliegenden Waffe erinnert mit «nolite peccare» an den bei Vertretern der Klingenschmiedefamilie Brach beliebten Psalm. Die Frage ob das Gefäss von der Hand eines spanischen Handwerkers gefertigt wurde und nur die Klinge aus Deutschland stammt oder ob es sich in allen Teilen um ein Solinger Produkt handelt, lässt sich nicht schlüssig beantworten.
Literatur: Albert Weyersberg, Solinger Schwertschmiede des 16. und 17.Jahrhunderts und ihre Erzeugnisse, Solingen 1926, S.15, «Jacob Brach». Albert Weyersberg, Solinger Schwertschmiede-Familien, in: Zeitschrift für hist.Waffenkunde, Bd.5, Dresden 1909/11, S.112-113. Ewart Oakeshott, European weapons and armour, Norwich 1980, 167-168. Seitz, Blankwaffen II, S.134-143, 260 Abb.258 P. Museo-Armeria de D.José Estruch y Cumella, Barcelona 1896/Reprint 1976, Tafel 130, Nr.713, Signatur mit Marke Nr.65. Edgar de Prelle de la Nieppe, Catalogue des Armes et Armures du Musée de la Porte de Hal, Bruxelles 1902, S.180, Nr.70. J.M.Florit y Arizcun, Catalogo de las Armas del Instituto de Valencia de Don Juan, Madrid 1927, S.80, Nr.83. Norman, Rapier & Small-Sword op.cit., S. 174-179, Hilt 100.