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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 188

Paradesäbel, österreichisch, um 1825, für Offizier oder Magnat

Messinggefäss vergoldet, aus gegossenen und ziselierten Teilen zusammengesetzt. Das massive Griffstück zeigt einen toten Löwen, resp. das über einen sockelartigen Unterbau gehängte Löwenfell. Den Griffabschluss nimmt der Kopf des Löwen ein. Um das Löwenfell winden sich von unten nach oben zwei Schlangen, deren Köpfe auf dem Löwenschädel ruhen. Der Griffbügel wird von einer sich mehrfach windenden Schlange gebildet, deren Kopf auf den Mittellappen zu liegen kommt. Für den weitgehend symmetrisch angelegten Parierstangenarm wurde ebenfalls die Schlangenform gewählt, auch hier kommt der Kopf auf den Lappen zu liegen.
Rückenklinge (Länge 81 cm, Breite 2,5 cm), breiter Hohlschliff, Spuren eines Ätzdekors. Schwarze Lederscheide, Messinggarnitur vergoldet, Mundblech mit Tragring, Ringband, langer Stiefel, Schlepper. Garniturteile auf der Vorderseite mit fein gearbeitetem, ornamentalem Dekor.

Gesamtlänge: 96,5 cm, Gewicht (ohne Scheide): 920 g, Gewicht (mit Scheide): 1255 g
Provenienz: Antiquar Otto Staub, Freiburg 1958.

Kommentar

Ein Säbel mit einem identischen Gefäss, beruhend auf den gleichen Gussmodellen, in gleicher Verarbeitung, wurde 1990 von Sotheby’s Monaco verkauft. Leider fehlt beim zweiten Exemplar die Scheide. Es scheint, dass beide Säbel Teil einer in kleiner Zahl hergestellten Paradesäbel-Serie sind. Hervorstechendes Merkmal sind die dominierenden Dekorelemente des Gefässes, Löwe und Schlange. Aus der Regierungszeit des Kaisers Franz I. (1804 – 1835) sind weitere österreichische Griffwaffengefässe bekannt, bei welchen Schlangen in ähnlicher Verarbeitung als Griffbügel dienen. Schlangen erscheinen schon vorgängig zur Zeit der napoleonischen Kriege auf Gefässteilen englischer Griffwaffen. Nicht nur die Schlange, auch das Löwenfell scheint englischen Ursprungs zu sein. Die standardisierten Säbelgefässe der bekannten «Presentation swords» von «Lloyds Patriotic Fund», die an verdiente Offiziere abgegeben wurden, sind mit einer löwenfellartigen Griffkappe ausgestattet, zudem windet sich eine Schlange um den Griffbügel. Das Löwenfell dürfte eine Reminiszenz sein, das Bezwingen des nemäischen Löwen zählt zu den bekannten Taten des Herkules. Offensichtlich liess sich der im Kaiserreich Österreich beheimatete, unbekannte Gefässhersteller von den prunkvollen englischen Geschenksäbeln inspirieren. Mit den gleichen Modellen dürften sowohl Teile für Säbelgefässe in Silber als auch in Messing hergestellt worden sein. Die Ziselierung der vorliegenden Waffe ist von goldschmiedemässiger Qualität. Der ornamentale Dekor mit Blütenmotiven ist für Scheidengarnituren von österreichischen Paradesäbeln der Restaurationszeit typisch.
Als Beispiel kann ein Säbel aus den Beständen des historischen Museums in Zagreb dienen. Die Waffe mit Gefäss und Scheidengarnitur aus Silber gehörte dem Kroaten Josef Jelacic von Buzin (1801 – 1859), Offizier in der kaiserlichen Armee, er wurde 1848 von Kaiser Ferdinand I. (1835 – 1848) zum Banus von Kroatien und zum Feldzeugmeister ernannt. Die Silberteile sind mit der Goldschmiedemarke «SM» und weiteren Punzen gezeichnet. Nicht nur die Blütenmotive auf dem Gefäss und der Garnitur des Zagrebersäbels stimmen auffallend mit den entsprechenden Motiven des Säbels aus der Slg. Carl Beck überrein, auch bezüglich den Proportionen, gewissen technischen Aspekten und weiteren Dekorelementen weisen sie Gemeinsamkeiten auf. Wie das Beispiel zeigt gehörten die Träger derartiger Paradesäbel zum Adel und waren Angehörige des kaiserlichen Offizierskorps. Für die Oberschicht in den östlichen Teilen des Kaiserreiches, vor allem für die ungarischen Magnaten, war der reich-geschmückte Säbel schon seit dem 17. Jahrhundert Teil der festlichen Tracht (vgl. Kat. Nr. 16).
Literatur: Sotheby’s, Monaco 23. 4. 1990, Nr. 941. Galerie Fischer, Luzern 11./14. 9. 1996, Slg. M. Bischof, Nrn. 436, 443, 444, 1061. Galerie Fischer, Luzern 18./19. 9. 1997, Slg. M. Bischof, Nrn. 642, 645. Anthony North, European swords, London 1982, S. 44/45, Nr. 85. Southwick, Edged weapons, op. cit. S. 112/113, Nrn. 295/297, S. 117, Nr. 307. Derek Spalding, Trafalgar Swords of Honour, Arms and Armor Annual, hg. Robert Held, Northfield 1973, S. 258/265. Säbel aus dem Historischen Museum von Kroatien, Zagreb, Katalog, Graz 1981, S. 15, S. 54/55, Nrn. 80 und 90, S. 59, Nr. 100.