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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 660

Säbel, «Saif»,
Geschenk des Schahs von Persien, Mohammad Reza Shah Pahlavi, anlässlich des Staatsbesuchs in Deutschland 1955 für Bundespräsident Dr. Theodor Heuss
arabisch, 1.Viertel 20. Jahrhundert

Eisengefäss mit dünnem Goldblech plattiert und ziseliert. Sechskantige Parierstange, spitz endende Mitteleisen, kurze Arme, gerillte Abschlusszapfen. Vierkantiger, gegen das Ende hin gewinkelter Griff, langer Knauffortsatz mit einer Kappe aus Goldblech. Den Griffansatz sowie das obere Ende des Mitteleisens bedeckt eine breite Wicklung aus Golddraht. Die beiden goldplattierten Griffplatten aus Metall weisen einen einfachen ornamentalen Blattdekor auf. Filigranbänder aus Gold bedecken Griffrücken und Unterseite. Das Knaufende und die Parierstange sind durch eine dreireihige, feine Gliederkette miteinander verbunden.
Rückenklinge, europäisch, wohl Ende 17. Jahrhundert (Länge 73,5 cm, Breite 3,5 cm), drei Kannelüren im Rückenbereich, nach der Klingenmitte ein breiter Hohlschliff. Die Holzscheide bedeckt ganzflächig dünnes Goldblech, auf dem Scheidenrücken Filigranbänder, zwei gebuckelte Ringbänder sowie ein schmales gerilltes Zierband. Beidseitig gleicher, eingepresster und ziselierter Dekor: im Bereich der Scheidenmündung das stilisierte Skorpionmuster, «Agrab», anschliessend eine Folge von rhombischen Medaillons mit stilisierten Palmen, die sich bis zum Stiefel hinziehen, aus Dreiecken bestehende Bordüren.

Gesamtlänge: 86,2 cm, Gewicht (ohne Scheide): 755 g, Gewicht (mit Scheide): 1175 g
Provenienz: Auktion Dr. Fritz Nagel, Stuttgart, 8. 3. 1967.

Kommentar

Dieser Säbel wurde am 27. Februar 1955 von Mohammad Reza Shah Pahlavi, Schah von Persien (1919 – 1980, reg. 1941 – 1979), Dr. Theodor Heuss (1884 – 1963), dem ersten deutschen Bundespräsidenten der Nachkriegszeit (reg. 1949 – 1959), als persönliches Geschenk überreicht. Dabei handelt es sich um eine typische arabische Griffwaffe, einen «goldenen Saif». Über die Beweggründe, welche den Schah veranlassten, dem Bundespräsidenten eine arabische und nicht eine persische Griffwaffe zu schenken, sind wir nicht informiert. Ein Vergleich mit weiteren sehr ähnlichen Waffen ergab, dass dieser Saiftyp seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem in Saudiarabien hergestellt und getragen wurde.
Die Wahhabiten, Anhänger einer fundamentalistisch-mohammedanischen Reformbewegung, eroberten nach der Abschaffung des Kalifats durch die Türkei unter der Führung von Abd el Asis Ibn Saud (1880 – 1953) von Nedschd 1924 Mekka. Ibn Saud vertrieb den bisherigen Beschützer der heiligen Stätten, Scherif Hussein von Hedschas aus dem Geschlecht des Propheten, der sich zum neuen geistlichen Oberhaupt der Mohammedaner proklamiert hatte. Obschon die Verwendung von goldbelegten Waffen und anderen Luxusgütern, z. B. Seide, bei den Wahhabiten (benannt nach dem 1792 verstorbenen Begründer der Bewegung, Muhammad ibn Abd al-Wahhab) verpönt waren, weil sie nicht dem überlieferten Lebensstil des Propheten entsprachen, besassen Ibn Saud sowie ein anderer Führer der Wahhabiten, Faisal al-Duwish, nachweislich gold- und silberverzierte Säbel. 1928 übergab König Ibn Saud dem englischen Diplomaten Lord Athlone einen prächtigen goldenen Saif, seinem Beispiel folgte Scheich Isa von Bahrein. Beide Waffen dürften in der gleichen Werkstatt entstanden sein. Robert Elgood, einer der besten Kenner der arabischen Waffen, erklärt die seit ca. 1920 wieder festzustellende Produktion und vermehrte Präsenz von goldverzierten Griffwaffen in gewissen Regionen der arabischen Halbinsel mit dem Scheitern der Ikhwan-Bewegung 1930 und dem durch die einsetzende Ölförderung zunehmenden Reichtum. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass goldverzierte Waffen in der islamischen Welt seit jeher zu den Statussymbolen zählten. Im allgemeinen waren es weniger religiöse Skrupel, wie z. B. der Wahhabiten, denn Mittellosigkeit, die zum Verzicht auf goldene Waffen nötigte. Seit dem frühen 20. Jahrhundert vermochte sich in Saudiarabien und den Golfstaaten der goldene Saif als fürstliche Waffe oder als fürstliches Geschenk zu etablieren. Die verwendeten Klingen sind unterschiedlicher Provenienz, wurden importiert oder von zugezogenen ausländischen Handwerkern -geschmiedet. Es handelt sich wie im vorliegenden Fall oftmals um eine aufgearbeitete europäische Klinge, Damastklingen wurden für hochwertige arabische Griffwaffen bevorzugt verarbeitet. Der einfache, in die Goldbleche gepresste oder ziselierte Dekor beinhaltet u. a. stilisierte Palmen und Skorpione. Mit Skorpiondarstellungen, arabisch «Agrab», auf dem Mundblech im Bereich der Mitteleisen betonte man die tödliche Gefahr, die von jeder Waffe ausgeht.
Literatur: Deutsches Waffen-Journal, Schwäbisch-Hall 1967, Nr. 4, S. 251 mit Abb. der Waffe. Elgood, Arms of Arabia op. cit., S. 19/33, Abb. 2.18, 2.19, 2.20, 2.21. Weapons of the Islamic World op. cit., S. 66/67. Islamiske vaben i dansk privateje (Islamic Arms and Armour from private Danish Collections), København 1982, S. 102/103, Nr. 64, S. 108/109, Nr. 67.