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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 377

Degen, «Galadegen», französisch, um 1750/1760

Eisengefäss, aus gegossenen, ziselierten Teilen zusammengesetzt, teilvergoldet. Kugeliger Knauf, konische Basis, Vernietknauf. Der Griffbügel mündet in die Griffbasis; der Parierstangenarm endet in einem kugeligen Abschluss, zwei Ziergriffringe, Stichblatt aus nierenförmigen Hälften bestehend. Auf dem Knauf beidseitig Darstellungen von Trophäen, auf der Griffbasis Medaillons mit Kriegern in antikisierenden Kostümen und entsprechender Bewaffnung. Stichblattdekor: Aussenseite – auf den Stichblatthälften je ein berittener, mit einem Bogen bewaffneter Krieger, dazu Trophäen und Säule. Innenseite – auf der linken Stichblattseite ein stehender Krieger vor einem gefallenen Gegner, daneben Baum und Sonne, die rechte Stichblatthälfte zeigt einen berittenen Krieger sowie ein Vasenmonument nebst einem Baum. Die restlichen Flächen bedecken Rocaillenfolgen. Griff mit kombinierter Bänder-Drahtwicklung aus Eisen und Kupfer.

Dreikantige Klinge (Länge: 79,7 cm, Breite 2,7 cm), sogenannte «Colichemardeklinge» (vgl. Kat. Nr. 40), tief gekehlte Seitenflächen, Ätzdekor.
Gesamtlänge: 96,2 cm, Gewicht: 400 g
Provenienz: Galerie Fischer, Luzern, 26. 6. 1957.

Kommentar

Als allgemeine Bezeichnung für die mit leichten, zwei- oder dreischneidigen Stossklingen, sehr unterschiedlichen Bügelgefässen (seltener, einfachen Kreuzgefässen) ausgestatteten Waffen, haben sich in der deutschsprachigen Waffenkunde vor allem die Begriffe «Galadegen» (Gessler 1928, Uhlemann 1968, Müller 1981) und für Spätformen «Galanteriedegen» (Wegeli 1929, Seitz 1968) etabliert. Als «Galanteriedegen» bezeichnet man in einem 1775 erstellten, in deutscher Sprache verfassten Inventar der königlich dänischen Rüstkammer unterschiedslos Waffen mit einfachen Kreuz- oder Bügelgefässen und leichten Stossklingen. Es ist verständlich, wenn in massgeblichen Publikationen von Wendelin Boeheim, Kustos der Waffensammlung des «allerhöchsten Kaiserhauses», Vertreter der gleichen Degengruppe als «Hofdegen» erscheinen. Seinem Beispiel folgten die Waffenhistoriker Uhlemann (1968) und Nickel (1974). Der nur bei Nickel festgestellte «Stadtdegen» (1974) dürfte aus dem in Frankreich gebräuchlichen «épée de ville» abgeleitet worden sein. Die Bezeichnungen Hof- und Stadtdegen grenzen die Verwendung dieser Waffen örtlich oder ständisch ein. Gerne wird auch auf die staatliche und die militärische Funktion der Degenträger abgestellt, dies belegen Bezeichnungen wie «Offiziers-, Beamten- und Ratsherrendegen». Frühe Beispiele von Degen mit einfachen Kreuzgefässen und Stossklingen benennt Seitz als «Kavaliersdegen», eine Bezeichnung deren Anwendung Seifert (1962) und Haedeke (1982) auf die gesamten «Galadegen» des 18. Jahrhunderts ausdehnen. Die neueste französische Publikation zum Thema «L’Epée» (Lhoste 1997) beschäftigt sich nach einleitenden Kapiteln zu Schwert und Rapier hauptsächlich mit der Vielfalt der «épées de ville ou de cour» (Stadt- und Hofdegen) sowie den «épées d’officier» (Offiziersdegen). Es zeigt sich, dass französische Degenbezeichnungen teilweise den deutschen Bezeichnungen entsprechen, wobei sich der «Stadtdegen» in der deutschen Waffenliteratur nicht durchzusetzen vermochte. Mit «small-sword» stehen dem englischen Sprachbereich, ebenso Italien mit dem Diminutiv «spadino» oder «spadaccino» , Begriffe zur Verfügung, welche diesen Griffwaffentyp begrifflich weitaus besser und umfassender abdecken als «Gala- oder Galanteriedegen» im Rahmen der deutschen Waffenkunde.

Literatur: Finn Askgaard, Det kongelige partikulaere Rustkammer II, Kopenhagen 1988, S. 187/196, 232/242. Boeheim, Waffenkunde op. cit., S. 290/291. E. A. Gessler, Schweiz. Landesmuseum, Führer durch die Waffensammlung, Aarau 1928, S. 25, Tafel 6. Hans-Ulrich Haedeke, Blankwaffen, Köln 1982, S. 86/87, 94/100. Lhoste, Epées op. cit., S.153 ff. Helmut Nickel, Ullstein Waffenbuch, Berlin, Frankfurt a. M., Wien 1974, S. 182. Norman, Rapier & Small Sword op. cit., S. 199, hilt 112. Heinrich Müller, Hartmut Kölling, Europäische Hieb- und Stichwaffen, Berlin 1981, S. 398, Nrn. 314/317, S. 408/409, Nrn. 417/418. Seifert, Schwert, Degen, Säbel, op. cit., S. 38/41. Seitz, Blankwaffen II op. cit., S. 43/52, 314ff. Heinz R. Uhlemann, Kostbare Blankwaffen aus dem deutschen Klingenmuseum Solingen, Düsseldorf 1968, S. 90/93, 96. Boccia/Godoy, Museo Poldi Pezzoli, Armeria II, S. 454/455, Nr. 694, «spadaccino».