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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 116

Degen,
schweizerisch, kantonale Ordonnanz, um 1780, Dragoner, Zürich

Messinggefäss, aus gegossenen und geschmiedeten Teilen zusammengesetzt. Kugeliger Knauf, beidseitig mit je einem Zierrillenpaar, Halsansatz, Vernietknauf. Der Griffbügel sowie der S-förmig geschweifte Seitenbügel münden in das herzförmige Stichblatt. Zwischen den beiden Stichblatthälften im Stichblatteinschnitt wurde ein kurzer Parierarm eingesetzt, körperwärts ein Daumenring. Griff mit Messingdrahtwicklung, zwei Zwingen.
Zweischneidige Klinge (Länge 86,5 cm, Breite 3,7 cm), im Wurzelbereich sechskantiger Querschnitt, dann linsenförmig, dazu ebenfalls im Wurzelbereich ein Mittelhohlschliff, Ätzdekor: über der Klingenwurzel das Zürcher Wappen mit einem Löwen als Schildhalter,
im Hohlschliff die Jahrzahl 1718, anschliessend die Darstellung eines grossen, rennenden Wolfes.

Gesamtlänge: 103 cm, Gewicht: 1010 g
Provenienz: Galerie Fischer, Luzern, Juni 1958.

Kommentar

Obschon in der zürcherischen Ordonnanz von 1770 für Dragoner Degen nach «schwedischer Art» vorgeschrieben wurden (vgl. Kat. Nr. 47), sind vor allem bezüglich der Gefäss¬beschaffenheit Abweichungen festzustellen. Schon bald verzichtete man auf einen, später auf beide Parierstangenarme, der Griffbügel wurde nicht mehr verschraubt sondern gesteckt, auch der S-förmige Seitenbügel verschwand nach und nach. Das Gefäss eines Dragonerdegens um 1780/90 unterscheidet sich daher durch seine einfachere Form deutlich von Waffen aus der Zeit um 1750/60.
Die um 1780 remontierte Klinge stammt von einem Dragonerdegen kantonale Ordonnanz 1717. Die Beschaffung von 500 – 600 «Seitengewehren» für die Dragoner hatte der Zürcher Kriegsrat im Mai 1717 beschlossen. Ein verbindliches Degenmuster wurde den ansässigen Degenschmieden zur Verfügung gestellt. Im Verlauf des Jahres 1718 lieferten die Degenschmiede Pfister, Bremi, Leutnant Arter und Gerold Arter, angeführt von Zunftschreiber und Degenschmied Wehrli dem Zeughaus 288 «Band-Tegen». 1719 erhielt das Zeughaus vom gleichen lokalen Handwerkerkonsortium weitere 312 «Band-Tegen», insgesamt 600. Der Handwerksobmann Wehrli steuerte im gleichen Jahr zehn zusätzliche Exemplare bei. Diese Degen waren mit «uniformen», verzinnten Eisengfässen und Klingen ausgestattet. Die in den Jahren 1718/1719 von fünf Degenschmieden montierten deutschen Klingen hatte der Lieferant vorgängig mit einem einheitlichen Ätzdekor bestehend aus dem Zürcherwappen, den Jahrzahlen «1717» oder «1718» und dem Wolfszeichen versehen. Obschon wir nur in einigen wenigen Fällen Kenntnis der Klingenmarken besitzen, welche ausnahmslos auf die Angel geschlagen wurden, scheint es dennoch erwiesen, dass die beteiligten Zürcher Degenschmiede Solingerklingen verwendeten. Möglicherweise wurde der stilistisch unterschiedliche Wappendekor erst in Zürich angebracht.
Quellen u. Literatur: Staatsarchiv Zürich – F III 42, Zürcher Zeugamtsrechnungen, 1544 – 1798, Auszüge als Manuskript, Schweiz. Landesmuseum, Zürich. Hugo Schneider, Die zürcherischen Griffwaffen des 18. Jahrhunderts, Zürcher Chronik Nr. 16, Zürich 1947, S. 4/11. Schneider, Griffwaffen 18./19. Jh. op. cit., S. 11, Nrn. 2./4. mit Abb.