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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 123

Degen, deutsch, wohl preussisch um 1820, Offizier, Kürassier, Interimswaffe. Klinge 2.Viertel 18.Jh, Solingen, sogenannte «Apostelklinge».

Messinggefäss vergoldet. Kugeliger Knauf mit kurzem Hals und Zwinge, Schmalseiten des Knaufs gekantet, Vernietknauf. Der im Griffbügel verschraubte Griffbügel von spitzovalem Querschnitt mündet in die Parierstange, deren Arme von gleicher Verarbeitung verbreitern sich gegen das Ende. Herzförmiges Stichblatt, welches sich im Griffbügelbereich teilt und in Lappenfortsätze übergeht. Die Aussenseite ist gebörtelt, zwei kurze Stege verbinden oben am Stichblatt die beiden Hälften. Feine Griffwicklung aus Kupferdraht, Zwinge.
Zweischneidige Klinge, deutsch 2.Viertel 18.Jh. (Länge 84,5 cm, Breite 2,5 cm), im Wurzelbereich linsenförmiger, dann sechskantiger Querschnitt. Der ursprünglich vergoldete Ätzdekor bedeckt die ganze Klinge von der Wurzel bis in den Ort: Quartseite - ganzfigurige Darstellungen der Apostel mit Namensangabe, « St.Petrus / St.Jacobus / St.Philippus / St.Simon / St.Thomas / St.Judas. Terzseite - «St.Andrias / St.Johannes / St.Bartholomeus / St.Mattias / St.Mathaeus / St.Paulus», im Wurzelbereich und in den Zwischenräumen beidseitig barocke Ornamente.

Gesamtlänge: 98,9 cm Gewicht: 670 g
Provenienz: Auktion 230/231, Dr.Fritz Nagel, Stuttgart, 18.6.1970, Nr.2014.

Kommentar

Das Gefäss weist eine gewisse Ähnlichkeit mit dem bekannten Kürassierstichdegen des Generals von Seydlitz auf, den er bis 1773 führte. Es erinnert jedoch auch an das englische Degenmodell 1796 für Offiziere der schweren Kavallerie. Eine exakte Zuordnung ist zur Zeit nicht möglich. Bei der vorliegenden Waffe ist vor allem die remontierte, sogenannte «Apostelklinge» aus dem 2.Viertel des 18.Jahrhunderts bemerkenswert. Ähnlich verarbeitet wie die Apostelklingen sind die «Kurfürstenklingen», welche in einer vergleichbaren Anordnung die sieben berittenen Kurfürsten zeigen. Mit grosser Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei diesen Klingen um Solinger Erzeugnisse. So ist ein Blatt mit Federzeichnungen, Entwürfen zu Klingenätzungen, aus dem 2.Viertel des 18.Jahrhunderts bekannt, welches aus dem Besitz der Solinger Ätzerfamilie Neef stammt. Auf dem Blatt ist u.a. eine Darstellung eines berittenen Kurfürsten zu sehen, wie sie auch auf Kurfürstenklingen zu finden ist.
Literatur: Gerd Maier, Preussische Blankwaffen, Teil I, 1700-1800, Biberach a.Riss 1976, S.143-147. Bernd Windsheimer, ME FECIT POTZDAM, altpreussische Blankwaffen des 18.Jahrhunderts, Bissendorf 2001, S.136-138, S.361, Nrn.366/367. Brian Robson, Swords of the British Army, the Regulation Patterns, 1788 to 1914, London 1996, S.82-83, Abb.61. Heinz R.Uhlemann, Kostbare Blankwaffen aus dem deutschen Klingenmuseum Solingen, Düsseldorf 1968, S.91.