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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 47

Säbel, Schweizersäbel
schweizerisch, 2. Viertel 17. Jahrhundert

Eisengefäss, geschnittener Knauf, einfache stilisierte Löwenkopfform. Offener, halblanger, S-förmig geschweifter, flacher Griffbügel in Parierstange mit ortwärts gebogenem Ende übergehend. Auf der Vorderseite ein grosser, ebenfalls flacher Parierring, auf der Rückseite eine Spange kombiniert mit einem Daumenbügel. Lederbespannter, spiralig gerillter Griff. Rückenklinge (Länge 97,2 cm, Breite 3,9 cm), breiter Hohlschliff, Rückenabsatz, Klinge im Ortdrittel zweischneidig.

Gesamtlänge: 116 cm, Gewicht (ohne Scheide): 1525 g
Provenienz: Antiquarin Pia Wettstein, Zürich 1961.

Kommentar

Im Gegensatz zu den bereits im 15./16. Jahrhundert nachweisbaren Bezeichnungen «Schweizerdegen» und «Schweizerdolch» verdankt der Begriff «Schweizersäbel» seine Entstehung dem Waffenhistoriker Eduard Achilles Gessler (1880 – 1947), der von 1910 – 1945 die Waffen- und Militariaabteilung des Schweizerischen Landesmuseums leitete. Gessler ist auch der Verfasser, der zu diesem Thema nach wie vor massgeblichen Publikation, «Die Entwicklung des Schweizersäbels im 16. bis ins 17. Jahrhundert», erschienen 1913 und 1914. Sie besitzt für die Entwicklung dieser Waffe im 16. Jahrhundert weiterhin Gültigkeit, müsste jedoch bezüglich den Spätformen des Schweizersäbels im 17. Jahrhundert, vor allem in Hinsicht auf deren zeitliche Einordnung, neu geschrieben werden.
Die Gefässe der frühen Schweizersäbel aus dem 2. Viertel des 16. Jahrhunderts unterscheiden sich nicht von zeitgleichen Schwertern mit Astknäufen, S-förmigen Parierstangen und einfachen Parierbügeln. Bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts veränderte sich vor allem die Beschaffenheit des Gefässes, die für Schweizersäbel jener Periode typische, leicht gebogene, lange Rückenklinge mit breiten Hohlschliffen blieb sich gleich. Nachdem das anfänglich einfache Astknaufgefäss bis um 1550 mit Griff- und Seitenbügeln angereichert worden war, lassen sich für Schweizersäbel nach der Mitte des Jahrhunderts zwei neue, unterschiedliche Gefässtypen feststellen: A – Eisengefässe mit geschnittenen Löwenkopfknäufen, flachen Bügeln, S-förmigen in Löwenköpfen endenden Parierstangen sowie Parierringen in Dreipassform und einfachem Gravurendekor. B – Gefässe aus Eisen, selten aus Kupfer, zuweilen silberplattiert mit einem walzenförmigen, oben gespaltenen Knauf, der sich in einen langen, etwas gebogenen und in einen kurzen Fortsatz teilt. Die übrigen Gefässteile sind von unterschiedlicher Beschaffenheit, augenfällige Gemeinsamkeit dieses Typs bleibt der Knauf.
Der Gefässaufbau dieser späten Schweizersäbelversion aus der Slg. Beck, die aber noch immer mit der traditionellen Klinge ausgestattet ist, entspricht dem im 2. Viertel des 17. Jahrhunderts verbreiteten «verknappten Bügelgefäss». Währenddem sich der Löwenkopfknauf auch bei Spätformen des Schweizersäbels zu behaupten vermochte, verschwand der gespaltene Knauf mit Schnabelfortsätzen schon zu Ende des 16. Jahrhunderts.
In den schweizerischen Quellen des 16./17. Jahrhunderts erscheint hin und wieder eine
u. a. auch mit Silber beschlagene Griffwaffe namens «Schnepf» oder «Schnäpf», dabei handelt es sich offensichtlich um eine säbelartige Waffe, deren Name auf den langen, leicht gebogenen Schnepfenschnabel Bezug nimmt. «Schnepf» oder «Schnäpf» wäre somit eine historisch verbürgte Bezeichnung für den «Schweizersäbel».
Literatur: Dufty, Swords & Daggers op. cit., S. 21, Tafel 35 b, c. Seitz, Blankwaffen I op. cit., S. 356/360, Abb. 264, 265. II, S. 71 ff. E. A. Gessler, Die Entwicklung des «Schweizersäbels» im 16. bis ins 17. Jahrhundert, ZHW Bd. 6, 1913, S. 264/277, Bd. 6, 1914, S. 303/313. E. A. Gessler, Vom Schweizersäbel, fünf neue Schweizersäbeltypen im Schweiz. Landesmuseums, Schweiz. Landesmuseum 32. Jb., Zürich 1924, Kleine Abhandlungen, S. 25/32. Jürg A. Meier, Die Schweizersäbel der Sammlung Vogel, in Zeitschrift: für Waffen - und Kleidungsgeschichte, Heft 1, 2014, S.1 - 22.