Eisengefäss, pyramidenförmiger, niedriger Knauf, quadratischer flacher Vernietknauf. Offener flacher Griffbügel, der in die ebenfalls flache Parierstange mit ort- und knaufwärts gebogenen Enden mündet. Die Enden der Parierstangenarme sind betont flächig, breit und dreieckig geformt. Das terzseitig seitlich hochgezogene, segelförmige Stichblatt weist drei gleiche Paare von Zierdurchbrechungen auf und erstreckt sich bis zur Knaufbasis. Zwischen dem Griffbügel und dem Stichblatt besteht eine S-förmige Spangenverbindung. Ein quartseitiger Seitenbügel gabelt sich und endet in der Parierspange, die durch einen Daumenbügel zusätzlich mit der Parierstange verbunden wird. Die Fischhautbespannung des flachen, vierkantigen Griffes ist etwas defekt.
Volle Rückenklinge ( Länge 90,2 cm, Breite 3,9 cm), im Rückenbereich ein schmaler Hohlschliff, im Ort zweischneidig. Quartseitig Marken: 1. kupfertauschierte Wolfsmarke, Passau. 2. Geschlagene Meistermarke, Wappenschild mit nicht identifizierbarem Zeichen. 3. Neben dem Wappenschild der geschlagene Buchstabe «S». Zwischen Klingenrücken und Hohlschliff ein punzierter Dekor bestehend aus einer kettenartigen Folge von gleichen ovalen, aussen fein gezackten Ornamenten.
Gesamtlänge: 105,3 cm Gewicht: 1340 g
Provenienz: Aus Privatbesitz, Stein am Rhein (Kt.Schaffhausen) 1959.
Im 15.Jahrhundert wurde für die bei der hussitischen Volksarmee allgemein als Seitenwehr gebräuchlichen langen, hirschfängerartigen Messer oder sogenannten Krummschwerter die tschechische Bezeichnung «tesak» verwendet. Von dieser lässt sich in der im deutschen Sprachraum in der 2.Hälfte des 16.Jahrhunderts feststellbare Begriff «Dusägge», «Dussack» usw. ableiten. In dem 1570 in Strassburg erschienenen, reich illustrierten Buch des Joachim Meyer über die Fechtkunst wird eine eigentümliche Fechtwaffe mit breiter etwas gekrümmter Klinge und einem einfachen ovalen, offenen Griff, als «Dusacke», vorgestellt. Das Fechten mit dieser Waffe scheint eine deutsche Spezialität gewesen zu sein.
Neben dieser einfachen Fechtwaffe haben wir seit dem letzten Viertel des 16.Jahrhunderts Kenntnis von einem Griffwaffentyp mit einer kräftigen, säbelartigen Klinge, der mit einem Degengefässen ausgestattet in zeitgenössischen Inventaren als «Dusägge» oder «Säbel auf Teutsch gefasst» aufgeführt wird. Es war die Steiermark, die im Zeichen der Türkenabwehr unter Erzherzog Karl II. (reg.1564-1590) u.a. in Graz ein neues Zeughaus erhielt, Waffen aller Art ankaufte, darunter auch zahlreiche Dusäggen. Bis auf eine Lieferung von 40 Dussägen aus Passau, welche 1579 den dortigen Messerschmieden Conrad Meisgen und Michel Eckhart bezahlt wurden, traten als Dusäggen-Lieferanten des Grazer Zeughauses ausschliesslich ansässige Klingenschmiede und Schwertfeger in Erscheinung. Von der Hand steirischer Klingenschmiede stammen nachweislich gegen 700 in obrigkeitlichem Auftrag hergestellte Dusäggenklingen. Das Grazer Zeughausinventar von 1594 erwähnt 1370 «Gemeine Seitenwehr»,, es dürfte sich um dabei um Dusäggen gehandelt haben.
Die vorliegende Waffe weist sich dank der typischen, «gemeisselten» und tauschierten Wolfsmarkentauschierung als ein Passauer Produkt aus. Eine gleiche Marke, ein Wappenschild mit ungedeutetem Zeichen, erscheint auf einem Zweihänder um 1590 aus dem Zeughaus der Stadt Wien. Auf steiermärkischen Dusäggen deren Klingen zumeist einen verbreiterten, zweischneidigen Ort, einen sog. «Jelman»aufweisen, findet man keine Nachahmungen der Passauer Wolfsmarke. Die Klingenschmiede, Messerer und Schwertfeger des exportorientierten Passau nahmen in Kenntnis der Nachfrage die Dusägge als eine eher bäuerliche Waffe im letzten Viertel des 16.Jahrhunderts in ihr Produktionsprogramm auf. Durch Einkäufe Dänemarks 1617/18 unter König Christian IV. (reg.1588-1648) in Deutschland verbreitete sich die Dusägge in grosser Zahl bis nach Norwegen. Als Waffe der norwegischen Bauern behielt die Dusägge mit der norwegischen Bezeichnung « thisack, tesack» ihren angestammten Namen. Sie wird in Norwegen gemäss einer nicht kontrollierbaren Überlieferung im Volksmund als «Sinclairsäbel» bezeichnet. Dusäggen sollen als Beute einer schottischen Truppe unter dem Befehl u.a. von Kapitän George Sinclair abgenommen worden sein. Die von den Schweden angeworbenen Schotten gerieten auf dem Marsch 1612 bei Kringen im Gudbrandstal in einen Hinterhalt und erlitten durch norwegische Bauern eine vernichtende Niederlage.
Literatur: Schwert und Säbel aus der Steiermark, Katalog, Graz 1975, S.55-58, «Die Dusäggen», Tafel 5. Dufty, Swords & Daggers op.cit., S. 21-22, Tafel 36 c und d. Dusäggen werden als «Sinclair sabre» bezeichnet. Alfred Gaibig, Gefährlich und Schön, eine Auswahl historischer Waffen aus den Beständen der Kunstsammlungen der Veste Coburg, Coburg 1996, S.80-81. K.Kamniker, Die Dusäggen des Landeszeughauses in Graz, in: Waffen- und Kostümkunde, 1973, Heft 2, S.139-145. Per Terje Norheim, Vapen i Norge, 2000, S.78-82. Fritz Pichler, Franz Graf von Meran, Das Landes-Zeughaus in Graz, Leipzig 1880, S.74-77, Tafel XXIV, Fig.6. Schmid, Passauer Waffenwesen op.cit., S.332-336. Seitz, Blankwaffen I op.cit., S.266-267, 359-363, Abb.268-270. Wehrhafte Stadt, das Wiener Bürgerliche Zeughaus im 15. und 16.Jahrhundert, Katalog, Wien 1986, S.107-108, Nr.6/36 , Abb.der Marke.