Eisengefäss, unter Verwendung von älteren Gefässteilen. Der pilzförmige Knauf mit breiter, zylindrischer Basis sowie der gerundete, leicht gebogene Ebenholzgriff lassen sich in die Zeit um 1830 datieren. Der Griff weist auf der Vorder- und Rückseite ein geschnittenes Fischautmuster auf, Seitenflächen glatt, mehrere Risse. Restliche Gefässteile 1.Viertel 18.Jh. Griff- und separater Seitenbügel sind durch eine Spange miteinander verbunden und münden wie auch eine weitere quartseitige Spange in die Parierstange resp. das Stichblatt. Griff- und Seitenbügel aus Rundeisen weisen als Dekor je ein kleines Kugelpaar auf. Parierstangenarm mit Knopfabschluss ortwärts gebogen, quartseitig ein Daumenbügel. Zweiteiliges Stichblatt, die nierenförmigen Stichblattbleche in Rundeisen fixiert, weisen im Zentrum eine rhombisch angeordnete Gruppe von Zierlochungen auf. Stichblattbleche alt ergänzt und mit Kupferlot gelötet.
Rückenklinge (Länge 85,8 cm, Breite 3,5 cm), Rückenkannelüre, breiter Hohlschliff, im Ort zweischneidig. Auf der Terzseite Ätzdekor: in einer rechteckigen Kartusche links ein ovales, gevierteltes Wappen mit einem Steinbock als Schildhalter, rechts ein ovales Wappen mit Schweizerkreuz und einem Bär (?) als Schildhalter. Die Kartusche wird links vom Wort «FIDES», rechts von «VIRTUS» begrenzt. Es folgt eine kleine, quadratische Kartusche mit einem ruhenden Tier, in einer weiteren grösseren Kartusche erscheinen Schweizerwappen und Schweizerfahne nebst Blattwerk. Abschliessend in einer grossen, langrechteckigen Kartusche die Inschrift: « FREIHEIT! / DAS IST AUS ALTER KÜHNER ZEIT / EIN STOLZES RIESENBILD / ES HAT DIE WAFFEN MIR GEFEIT HAT MICH MIT MUTH ERFÜLLT.», gefolgt von einer fliegenden Eule. Auf der Quartseite erscheint in grossen Buchstaben eine Besitzerangabe: « FR:MEYER: de: SCHAUENSE».
Gesamtlänge: 99,3 cm Gewicht: 960 g
Provenienz: Aus Privatbesitz, Stein am Rhein (Kt.Schaffhausen) 1958.
Der Säbel wurde von einem nicht sehr versierten Handwerker um 1840 zusammengestellt. Möglicherweise um der Waffe ein altertümliches Aussehen zu geben, verwendete er das bereits etwas korrodierte Gefäss eines Säbels oder Degens aus dem 1.Viertel des 18.Jahrhunderts und kombinierte dieses mit einem neuangefertigen Knauf und Griff. Die Klinge entspricht verarbeitungs- und längenmässig Klingentypen des 2.Viertels des 19.Jahrhunderts, wie sie für Säbel berittener oder unberittener Offiziere üblich waren. Der einseitig angebrachte, wenig gekonnt ausgeführte Ätzdekor nimmt mit Wappen und Fahne Bezug auf die Schweiz. Vor allem durch die Inschrift, bei der es sich sehr wahrscheinlich um ein Zitat handelt, wird der patriotische Aussage dieser Waffe verstärkt. Anscheinend versuchte der unbekannte «Ätzkünstler» neben den Schweizerwappen mit noch geringerem Erfolg das Wappen des künftigen Waffenbesitzers wiederzugeben. Es können nur Vermutungen angestellt werden in welchem Verhältnis der auf der Quartseite der Klinge in grossen, unregelmässigen Buchstaben festgehaltene Friedrich Meyer von Schauensee zu der Waffe steht. Weil biographische Angaben zu diesem Abkömmling der bekannten Luzerner Patrizierfamilie schwer zugänglich sind, soll sein Lebenslauf kurz skizziert werden:
1777 - Friedrich Fridolin Meyer von Schauensee geboren in Luzern
1799 - als Dragoner in französischen Diensten, nennt sich Frédéric Meyer de
Schauensee. Gerät bei der Belagerung von Mantua (4.7.-28.7.) in öster-
reichische Gefangenschaft.
1800 - am 3.April Unterleutnant bei der französischen Italienarmee
1804 - Leutnant
1804/1805 - im Camp von St.Omer und Boulogne
1805 - Aide de camp des Generals Louis Suchet (1770-1826). In der Schlacht bei
Austerlitz vom 2.12.1805 verwundet.
1806 - Hauptmann
1808 - Schwadronschef
1808/1814 in Spanien unter Marschall Suchet
1810 - Oberst und Ritter der Ehrenlegion
1812 - Baron de l'Empire mit Wappendiplom und Geldgeschenk
1813 - Brigadegeneral, Suchet schenkt ihm zur Beförderung ein Epaulettenpaar
1814 - Ernennung zum Ritter des Ludwigsordens durch Ludwig XVIII.
1815 - übernimmt ein Kommando am Niederrhein (Bas-Rhin), im September
inaktiviert
1817 - in Frankreich naturalisiert
1819 - zur Disposition, Mitglied des Generalstabs
1830/1839 - Nach der Julirevolution Militärkommando im Département Haut
Rhin,
1831 - Ernennung zum Kommandeur der Ehrenlegion.
1848 - in den Ruhestand versetzt, möglicherweise schon seit 1839 weitgehend inaktiv
1852 - als Reserveoffizier dem französischen Generalstab zugeteilt.
1857 - erhält die St.Helenamedaille
1860 - stirbt in Colmar, 525 Briefe und Dokumente aus seinem Nachlass werden
2003 in einer Auktion in Fontainbleau verkauft. Ein Bruder, Maurus
Meyer von Schauensee (1765-1802), 1784 Offizier des Schweizer
Garderegiments, nimmt 1789 am Bastillesturm teil und wird französischer
Bürger, Offizier bei der Revolutionsarmee, stirbt als Brigadegeneral in
St.Domingo. Geriet 1799 mit seinem Bruder Friedrich Fridolin in Mantua
in österreichische Gefangenschaft, sie wurden nach Leoben verbracht.
Den «patriotischen Säbel», eine provinzielle, einfache Fertigung, dürfte Meyer von Schauensee in einer derartigen Qualität schwerlich selbst in Auftrag gegeben haben. Es scheint sich eher um eine Waffe handeln, die ihm unter gewissen politischen Vorzeichen, wohl von luzernischen Verehrern oder Bittstellern in der Hoffnung auf Unterstützung geschenkt wurde. In Frage kommt die Zeit der Freischarenzüge und des Sonderbundes 1844 -1847. Dem Sonderbund mangelte es an erfahrenen Offizieren. Der beinahe siebzigjährige, in Colmar wohnhafte Meyer von Schauensee liess sich jedoch nicht mehr zur Übernahme eines Kommandos bewegen.
Literatur: Historisch Biographisches Lexikon der Schweiz, 5.Bd., Neuenburg 1929, S.108. Paul de Vallière, Treue und Ehre, Lausanne 1940, S.709, Lebensdaten falsch. L'Empire à Fontainbleau, Auktionskatalog vom 14./15.Juni 2003, Maison de Vente Jean Pierre Osenat, 5 Rue royale, 77300 Fontainbleau, Nr.151, «Frédéric Meyer de Schauensee (1777-1860), général. Archives privées et militaires comportant plus de 525 documents, L.A.S. 1799-1870», Schätzung 5000/6000 Euro.