Messinggefäss berieben, Knaufkappe mit Bären- und Wildschweindekor, Griffbügel in die Parierstange mündend, Abschluss des Parierstangenarms gerundet mit Blattdekor. Auf dem Griffbügel einfache Jägerdarstellungen, Griffbasis beidseitig mit Tierkampfszenen: zwei Jagdhunde stellen jeweils ein Wildschwein oder einen Löwen. Stark ortwärts gebogenes Stichblatt, Dekor: Diana in einem von zwei Hirschen gezogenen Wagen. Griff mit Schildpatt belegt.
Im Ansatz volle Rückenklinge (Länge 59,2 cm, Breite 2,8 cm), Rückenkannelüre, breiter flacher Hohlschliff, im Ortviertel zweischneidig. Ätzdekor: barocke Ornamente, die ein ovales Medaillon mit Lilie umrahmen, anschliessend einseitig ein Hund der einen Hirsch verfolgt.
Gesamtlänge: 72,8 cm Gewicht: 525 g
Provenienz: Aus Privatbesitz, Stein a.Rhein SH 1951
Eine umfassende zeitgenössische Beschreibung des Hirschfängers, dessen Beschaffenheit und Funktionen, liefert Johann Georg Kruenitz in der «Oeconomischen Encyklopaedie», erschienen 1789 in Brünn: «Hirsch-Faenger, Fr.[anzösisch] Couteau de chasse, oder schlechthin Couteau, ein langes Messer in einer Scheide, mit einem Griffe, womit die Jaeger einen angeschossenen Hirsch abfangen, d. i. ihn damit in die Brust nach der Herzkammer zu stoβen, welches Messer sie zugleich als ihr gewöhnliches Seitengewehr an der Seite tragen, und es auch Weidner nennen. Nur gute und jagdbare Hirsche haben die Ehre, mit dem Hirschfänger abgefangen zu werden; geringere bekommen nur den Genickfang mit dem Genickfaenger… Nachmals ist der Hirschfaenger auch ein gewöhnliches Seitengewehr anderer Personen, zur Galanterie oder auf Reisen, geworden…
Die Hirschfänger sind, nach dem Geschmacke desjenigen, der ihn traegt, unterschieden. Sie haben entweder eine gerade, oder eine krumme Klinge, und ein Gefäss mit oder ohne Bügel, mit einem Hefte von Hirschhorn, Ebenholz, gebeiztem Elfenbei[n], oder anderer Materie. Ein kurzer Hirschfaenger ohne Buegel, welchen die Jäger und Förster anstatt des Hirschfängers tragen, wird ein Fangmesser genannt. In der Hauptsache muessen alle Hirschfaenger darin ueberein kommen, daβ die Klinge einen etwas breiten Rücken habe, die Schneide scharf, und von der Spitze herab 4 Finger breit zweyschneidig geschliffen seyn, damit sie desto besser eindringen. In der Scheide muss neben einem guten Messer, welches zum Aufbrechen dienen koenne, auch der… beschriebene Genickfang befindlich seyn.
Die Hirschfaengerklingen sind weit kuerzer und schmaeler als die Saebelklingen, werden vor andern Klingen aus gutem Stahl geschmiedet, und kommen groeβtentheils von Solingen zu uns. Insgemein laufen sie in gerader Linie fort. Die gekruemmten nennet man Pandurenklingen. Beynahe alle sehr feine[n] Hirschfaengerklingen haben eine blau angelaufene Parierung, worauf Jagdstuecke eingeaetzt sind. Der Jäger pflegt zwar insgemein ein metallenes und vergoldetes Gefäss zu waehlen; allein, die feinen Hirschfänger bekommen einen Griff oder ein Heft von Ebenholz und anderen seltenen Holzarten, Elfenbein, Knochen, Hirschhorn oder Ochsenhorn, (wozu die schwarzen Hoerner der ungarischen Ochsen die besten sind) Schildkroete oder Email. In beyden Faellen führen die Theile einerley Namen». Obschon man den Hirschfänger auf Grund seines Namens mit dem Hirsch assoziert, kam er auch bei anderem Wild zum Einsatz, z.B. bei Wildschweinen (vgl. Be 428).
Literatur: D. Johann Georg Kruenitz, Oeconomische Encyklopaedie, oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus – und Landwirthschaft, in alphabetischer Ordnung, 23.Theil, von Hemd bis Hirse, Bruenn 1789, S.758-762. Herbert H.Westphal, Blankwaffen im Museum Jagdschloss Kranichstein, Regensburg 2010, S.19-23, 38/39, Nr.7, Schildpattgriff.