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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: S 1227

Schwert, Anderthalbhänder, Gerichtsschwert der Stadt Sursee
schweizerisch, 2. Viertel 16. Jahrhundert

Eisengefäss, grosser, birnenförmiger Knauf, Parierstange mit Armen aus Rundeisen, die gegen das Ende hin etwas dicker werden, Armenden ringartig breit gekehlt, scheibenförmige Abschlüsse. Konischer, gerundeter Holzgriff (Gehilze), bis zur Griffmitte breiter, knaufseitige Hälfte schmaler werdend, feine Schnurbespannung.
Zweischneidige Klinge (Länge 100 cm, Breite 5,2 cm), Fehlschärfe, linsenförmiger Querschnitt, einseitig eine messingtauschierte Marke, sog. «Hauszeichen» (Länge 1,3 cm). Lederbespannte Holzscheide, geprägter Liniendekor, Ortklammer aus Messing.

Gesamtlänge: 136,5 cm, Gewicht (ohne Scheide): 2535 g, Gewicht (mit Scheide): 2790 g
Provenienz: Alter Besitz der Stadt Sursee, ursprünglich im Archivturm aufbewahrt.

Kommentar

Auch das zweite Schwert aus dem Besitz der Stadt Sursee diente wie die ältere, bereits vorgestellte Waffe (vgl. Kat. Nr. 1) sehr wahrscheinlich ebenfalls als Gerichtsschwert, d. h. als Zeremonialwaffe. Die Klinge ist mit einer Marke gezeichnet, wie sie in ähnlicher Form und Machart vor allem für Passauerklingen bekannt sind. Es handelt sich um den Typus der sogenannten «Hausmarke», ein einfaches aus Strichen bestehendes, gemeisseltes und tauschiertes Zeichen, das als Teil des Familienwappens zuweilen über oder auf den Türbogen des Wohnhauses oder der Schmiede angebracht wurde.Weil die Wolfsmarke fehlt, kommt für die Klingenherstellung generell eine Produktionsstätte im süddeutschen Raum, eventuell auch in der Steiermark in Frage. Das als Kampfwaffe konzipierte Schwert entspricht weiteren schweizerischen Anderthalbhändern aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, fand jedoch als Zeremonialwaffe Verwendung. Für das Gefäss, vermutlich eine lokale Fertigung, findet sich ein Pendant im Schweizerischen Landesmuseum, das Gerichtsschwert der Stadt Mellingen (Kt. Aargau). Währenddem für Sursee eine zeitgleiche Klinge verarbeitet wurde, stammt die im 2. Viertel des 16. Jahrhunderts remontierte Passauerklinge des Mellingerschwertes aus der Zeit um 1500. Sie entspricht formal und verarbeitungsmässig weitgehend derjenigen des älteren Surseer Gerichtsschwertes (vgl. Kat. Nr. 1). Mellingen erteilte Herzog Albrecht von Österreich (1255 – 1308, Herzog 1282, König 1298) 1296 die Rechte und Freiheiten der Stadt Winterthur, der Schultheiss wurde vom jeweiligen Stadtherrn mit dem Blutbann belehnt.
Carl Beck bezeichnete die zweite Waffe als das «gewöhnliche Richtschwert» und vermutete, dass dieses 1653 zur Hinrichtung des Bauernführers Christian Schybi verwendet worden sei. Eine historische Gruppe von Sursee führte daher dieses Schwert am 7. Juni 1953 anlässlich einer Bauernkriegs-Gedenkfeier in Rüderswil im Emmental mit sich.
Literatur: Carl Beck, Die Richtschwerter von Sursee, Luzerner Landbote Nr. 75, 18. Sept. 1953. Norman, Rapier & Small Sword op. cit., S. 265/266, pommel 58. Schneider, Griffwaffen I op. cit., S. 52, Nr. 67, Gerichtsschwert Mellingen, S. 53, Nr. 68, S. 83, Nr. 112. Wegeli, Schwerter und Dolche op. cit., S. 30, Nrn. 178/179, Tafeln VII/VIII.
Heinz Huther, Die Passauer Wolfsklingen, Legende und Wirklichkeit, Neue Veröffentlichungen des Instituts für ostbairische Heimatforschung der Universität Passau, Bd.59, Passau 2007. Mäder, Klingen op. cit., S.70-73.