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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 486

Parade-Berghäckchen, «Berghäckel», mit Steinschloss-Schiessvorrichtung,
deutsch, wohl Teschen (Schlesien), um 1750

Messingguss, auf dem Rücken der massiven Tülle ein kurzer, hammerartiger Fortsatz, gegenüber ein schmales, längliches Beilblatt mit konvexer Schneide und einfachen Dekorgravuren. Die Tülle mit Drehdeckel dient zugleich als Laufband und Abschluss für die kurzläufige, in den Schaft eingelassene Steinschlosswaffe. Messingrundlauf (Länge 11,4 cm), Kammerhälfte achtkantig, Kaliber 10 mm. Schlossplatte und Hahn aus Eisen, flach, geschrägte Kanten, einfache Ziergravuren, Messingabzugbügel. Langer, stockartiger Nussbaumschaft, ovaler Querschnitt, im oberen Drittel verbeint und mit Perlmuttplättchen intarsiert. Beindekor: gerollte und gerade Linien, Flächen mit Hopfenblüten bestreut, Hunde, Hasen verfolgend, als Schaftabschluss eine Eisenzwinge.

Gesamtlänge:128 cm, Gewicht: 830 g
Provenienz: Auktionshaus Venator, Sammlung Fürst Starhemberg, Schloss Eferding, Köln, 15. 9. 1956, Nr. 17.

Kommentar

Die Bergmannsbarte, Werkzeug und Waffe, zählte seit dem frühen 16. Jahrhundert zu den charakteristischen Attributen der Bergleute in Deutschland. Sie ist möglicherweise ein Abkömmling des Grubenbeils. Nachdem die Bergmannsbarte im Verlauf des 17. Jahrhunderts ihre Funktion als Arbeitsgerät endgültig verloren hatte, diente sie als Paradewaffe sowie als Symbol für gewisse Machtbefugnisse in dem mehr und mehr hierarchisch und beamtenmässig organisierten Bergbau. Vor allem «Hauer», der eigentliche Bergmann, der am und im Gestein tätig war, Gruben und Stollen baute, Erz gewann, nahm mit axtartigen, schlichten Barten an festlichen Anlässen und Umzügen teil.
Um 1700 entstanden als eine Variante der Bergmannsbarte die eher zierlichen «Häckchen» oder «Häkel». Deren Verwendung war ein Vorrecht der «Steiger» (Grubenaufseher), daher auch als «Steigerhäkchen» bezeichnet. Währenddem die kurzholmige Paradebarte geschultert getragen wurde, verwendete man die zumeist mit langen, geraden Schäften versehenen Häckchen in der Art eines Spazierstocks. Auf einem Kupferstich von 1719 lassen sich als Bestandteil sächsischer Trachten der «hohen und niedern Berg-Officiers, Berg-¬Beambten und Berg-Arbeiter» zwei unterschiedliche Barten und ein Häckchentyp feststellen. Die Paradebarten mit wappengeschmückten Blättern und reichverzierten Schäften waren den obersten Bergbau-Chargen (z. B. Berghauptmann, Bergkommissar) vorbehalten. Einfache Barten mit blanken Blättern und wenig verzierten Schäften dienten als Abzeichen der Hauer. Die stockartigen Häckel fanden wie bereits erwähnt vor allem bei den Steigern und dem mittleren Bergbaukader Verwendung. In Deutschland und Osteuropa (Ungarn, Schlesien, Slowakei, Polen) war bezüglich Organisation und Tracht der sächsische Bergbau tonangebend.
Das «Parade-Berghäckel» aus der Sammlung der Fürsten Starhemberg (Österreich) wurde zusätzlich mit einer pistolenartigen Steinschlosswaffe kombiniert. Eine sehr ähnliche, 1752 datierte Waffe, deren deutsche Blattinschrift Bezug auf den Bergbau nimmt, befand sich in der Sammlung des Amerikaners Herbert G. Ratner jr. Es scheint sich in beiden Fällen um eine Weiterentwicklung des zu Ende des 17. Jahrhunderts hauptsächlich in Ungarn unter der Bezeichnung «Fokos», in Galizien «Topor», bekannten Streithammers mit Schiessvorrichtung zu handeln. Diese «Schiesshacken», auch die Berghäckel, wie auf Grund des Schaftdekors vermutet wird, dürften vor allem in Teschen (Schlesien) hergestellt worden sein. Blatt und kurzer Lauf des Parade-Berghäckchens sind im Gegensatz zu den eisenmontierten, noch als Waffe einzustufenden «Schiesshacken» aus Messing.
Literatur: Eberhard Czaya, Der Silberbergbau, aus Geschichte und Brauchtum der Bergleute, Leipzig 1990, S. 112, Abb. 56/57, S. 113, Abb. 58/59, S. 184, 186/187 mit Abb. H. Gordon Frost, Blades and Barrels, Dallas 1972, S. 177/197, 304/307, Abb. 308, 310. Kalmár János, Régi magyar fegyverek, Budapest 1971, S.37/39, Abb. 54. Lewerken, Kombinationswaffen op. cit., S. 213/214, Nrn. 14/15. Hans Schedelmann, Die grossen Büchsenmacher, Würzburg 1972, S. 165. Seitz, Blankwaffen II op. cit., S. 242/245, Abb. 247/248. Johann Szendrei, Ungarische kriegsgeschichtliche Denkmäler, Budapest 1896, S. 407/408, Nr. 2791, S. 572/573, Nr. 3165.